Mit viraler Infektion im Bett...

Ich liege gerade im Bett, der Schock sitzt noch zu tief, das Trauma ist zu groß. Ich schäme mich, es ist mir wirklich aufrichtig peinlich. Nie dachte ich, dass so etwas gerade mir passieren könne. Und dennoch, unachtsam und leichtsinnig wie ich war, ließ ich mich anstecken, der Virus hatte leichtes Spiel bei mir, ich war ihm wehrlos ausgeliefert. Nur, wie kam es eigentlich dazu?

Nun, zuerst zu den Symptomen: ich habe heute doch tatsächlich mindestens eine halbe Stunde Fußball gesehen. Ja, richtig gehört FUSSBALL (!!!) Doch es kommt noch schlimmer. Dies ist nicht Zeichen eines leichten Anflugs von Langeweile oder gar ein geschickt geplanter und durchdachter Fiskeesker Versuch von sinnstiftender zusehergesteuerten Textproduktion. Nein, keineswegs kann ich mich jetzt darauf rausreden. Denn - und das ist das Erschreckende - ich ertappte mich dabei insgeheim über den Erfolg der portugiesischen Nationalmannschaft zu jubeln und mich noch offensichtlicher über das Ausscheiden der Brasilianer zu ärgern. Ich, ja ICH, der Fußballfeind. Ich erlaubte mir den von Enttäuschung evozierten Gedankengang, dass jetzt nur mehr Kotzbrocken bei dieser WM dabei seien und wohl eines dieser übrig gebliebenen größenwahnsinnigen selbstverliebten europäischen Länder Weltmeister werden würde. Und genau da, gerade noch rechtzeitig, fing ich mich wieder, denn wie das bei starken und abrupten Fieberschüben so ist, klingen sie (glücklicherweise) ebenso schnell wieder ab, wie sie aufgetreten sind. Ich musste plötzlich an eine Bekannte von mir (Freundin wäre zu viel gesagt, mag ich sie im Grunde doch gar nicht) denken, die einst meinte „Ich mag die Franzosen nicht, weil die haben uns [die Italiener, Anmerkung des Elefanten] 19sowieso ganz gemein aus dem Halbfinale gekickt.“ Sie hatte mich seinerseits ob des grotesken Zusammenspiels von nachtragendem Gejammer und dem mir unverständlichen Fanatismus zwischen schallendem Gelächter und betretenem Kopfschütteln hin und her schweifend diesen Satz niemals vergessen lassen, auch wenn mir die (angeblich so nachvollziehbaren) Gründe, die für die ungerechte Behandlung Italiens, die jedwede Liebe oder Affinität zu Frankreich auszulöschen vermochten, sprachen längst entfallen waren. So wollte ich niemals werden und darum fiel es mir wie Schuppen von den Augen: SPORT IST KAPITALISTISCHE VOLKSVERBLÖDUNG, und ich hatte mich heute wahrlich dumm angestellt.

Kein chronischer Fall von Fußballwahn also, mir blieb somit das Schlimmste erspart. Die Erleichterung ist groß, auch wenn der Schock noch so tief sitzt. Dennoch, mit so etwas ist nicht zu scherzen, deshalb werden jetzt prophylaktische Maßnahmen getroffen um einen erneuten Rückfall tunlichst zu vermeiden:
  1. der Fernseher wird ab sofort gemieden. Er hat sich als die Schlange im Fußballfreien Paradies entpuppt
  1. der Verzehr von Laugenkastanien, im Moment als Fußbälle getarnt, wird bis zum Ende der WM auf Null reduziert. Wer weiß welche illegalen abhängigmachenden Substanzen darin wohl enthalten sind
  1. Das altbewährte Lebensmotto wird täglich mindestens ein Mal lautstark und inbrünstig schreiend wiederholt, denn die Redundanz ist doch der Schlüssel zum Erfolg einer jedweden guten Marketingstrategie, so auch im Aufbau der eigenen fußballofobischen Corporate Identity: SPORT IST KAPITALISTISCHE VOLKSVERBLÖDUNG!!!*
Das sollte fürs Erste reichen.

Mit Fußballverachtenden Grüßen
Lila Elefant

* Warum es nur 1. gibt? Na weil alle Punkte Teil eines kommunitären auf Gleichheit basierendem Systems sind, somit gleich wichtig, somit nicht chronologisch erfassbar, somit alle erstens.
kapitalistisch? (Gast) - 9. Jul, 18:01

wieso kapitalistisch? wäre nationalistisch nicht zutreffender? und wenn ja, was hat nationalismus mit kapitalismus am hut?

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